Veranstaltungen wie der Park(ing) Day auf dem Robert-Koch-Platz zeugen von der Sehnsucht der Menschen nach öffentlichen Orten der Begegnung
„Picknick statt Parken“, unter diesem Motto fand am 20. September der Park(ing) Day auf dem Robert-Koch-Platz im Dortmunder Kaiserstraßenviertel statt. Wo für gewöhnlich Autos stehen, wurde gemeinsam gespielt, geplaudert, gelacht, gegessen. Gefühlt war das die Rückeroberung des Raumes, den man vor langer Zeit an den motorisierten Verkehr verloren hat.
Auch an anderen Orten in Dortmund treibt die Menschen die Sehnsucht um, das gemeinsame Leben zurück auf die Straße zu holen. Ebenfalls im September fand zum vierten Male das Stillleben Borsigplatz statt und das Stillleben im Kreuzviertel zwischen Lindemannstraße und Hohe Straße gibt es bereits seit 2014. Alle Aktionen sind inspiriert vom Geist des Stilllebens auf der A40 im Kulturhauptstadtjahr 2010, wie auch „Der Tag des guten Lebens“ aus Köln, der sich mittlerweile bundesweiter Nachahmung erfreut.
Die Menschen sind begeistert Menschen, die sich an den Aktionen beteiligt haben, sind begeistert. Es wird sehr deutlich: Wenn Möglichkeiten der Begegnung entstehen, treten Menschen in Kontakt, die Räume werden aufgewertet und dadurch häufiger und länger besucht. Doch der Raum im Bestand ist begrenzt. Klar ist: Will man Räume für Begegnung schaffen, muss dieser anderen Nutzungen, wie dem Parken, entzogen werden. Dies sorgt nicht nur Anlieger, die möglicherweise ihren zur Gewohnheit gewordenen Parkplatz verlieren, sondern auch Einzelhändler vor dem Verlust von Kunden. Anders im Kaiserstraßenviertel. Hier ging die Initiative des Park(ing) Days sogar von einem Händler aus. Unterstützt wurde er dann von der Nachbarschaftsinitiative Kaisern und dem VCD, die gemeinsam bereits in den Vorjahren in kleinerem Rahmen einen Park(ing) Day veranstaltet hatten. Die Einzelhändler am Robert-Koch-Platz wissen, dass Kunden zu Fuß oder mit dem Rad zwar weniger in den Einkaufskorb legen, dafür aber häufiger einkaufen und am Ende vor Ort mehr Geld ausgeben. Allerdings steht der öffentliche Raum in Dortmund meist nicht Orten der Begegnung oder Fußgängerinnen und Fußgängern, sondern überwiegend dem motorisiertem Individualverkehr zur Verfügung. Warum das so ist, wird deutlich, wenn man die durchschnittliche Flächeninanspruchnahmen von Fahrzeugen und die stetig wachsenden Zulassungszahlen von aktuell 280.000 Pkw in Dortmund betrachtet. Ein parkendes Auto beansprucht ca. 13,5 Quadratmeter, ein fahrendes (wegen zunehmender Sicherheitsabstände) bei Tempo 30 rund 65 und bei Tempo 50 bereits 140 Quadratmeter Platz (Quelle: Zukunft Mobilität). Würde man alle Dortmunder Pkw eng aneinander stellen, könnte man damit 530 Fußballplätze füllen.
Auf Kosten von Kindern und Senioren Der enorme Flächenverbrauch von Autos geht insbesondere zu Lasten von Kindern, Senioren und Frauen, da diese vergleichsweise häufig nahmobil unterwegs sind, aber letztlich zu Lasten von uns allen. Das weiß man spätestens dann, wenn man sich am Stillleben oder Park(ing) Day beteiligt hat, vielleicht demnächst vor der eigenen Haustür. Zeit, Raum für Begegnung zurückzuerobern.Carsten Elkmann