Der Flughafen Dortmund freut sich über
einen Passagierrekord: 1,7 Millionen Fluggäste wurden im vergangenen
Jahr (2005) in Wickede abgefertigt, ein Plus von fast 50 Prozent.
Dortmund ist damit drittgrößter Flughafen in Nordrhein-Westfalen. Easyjet
macht’s möglich. Jeder zweite Dortmunder Fluggast hatte 2005 beim
Billigflieger gebucht, der damit zwar seine ehrgeizige Vorgabe - eine
Million Passagiere - verfehlt hat, in wenigen Jahren dennoch bis zu
zwei Millionen Reisende von und nach Dortmund fliegen möchte. Der
Flughafen käme damit an seine Kapazitätsgrenze. Das Terminal ist für
2,5 Millionen Fluggäste ausgelegt. Bei Gepäckbändern und Parkpositionen
für die Flieger stößt man in Wickede schon jetzt an Grenzen, ein Ausbau
ist erforderlich - und also wieder einmal frisches Geld. Die
dunkelroten Zahlen des Flughafens werden sich dennoch ein wenig heller
färben. Nach einem Minus von 28,3 Millionen Euro im Jahr 2004 soll sich
der Verlust 2005 auf unter 26 Millionen Euro belaufen. Die zusätzlichen
Passagiere machen es möglich - und ein Sparprogramm. Darunter müssen
nicht zuletzt einige aktuelle und alle künftigen Mitarbeiter der
vorgeblichen Job-Maschine leiden. Im Check-In und im Sicherheitsbereich
hat die Flughafen-GmbH eine Tochtergesellschaft gegründet, die ihre
Mitarbeiter nicht mehr nach BAT bezahlt. Stattdessen orientiert man
sich an der Konkurrenz, heißt es. Die zahle 30 Prozent weniger.
Nicht zuletzt aber wird eine Finanzspritze der Dortmunder Stadtwerke
(neuerdings: DSW21) die Bilanz des Flughafens aufhübschen. Die
75-Prozent-Mutter - der Rest gehört der Stadt Dortmund direkt -
übernimmt Schulden ihrer Tochter in Höhe von 42 Millionen Euro,
außerdem wird ein Teil der zu erwartenden Verluste vorzeitig abgedeckt.
Für die Stadtwerke ist das ein Nullsummen-Spiel - höhere Zinskosten,
weniger Verlustabdeckung -, der Flughafen spart Zinsen in
Millionen-Höhe. Mit solcherlei Bilanzkosmetik soll wohl nicht zuletzt
den Kritikern der Wind aus den Segeln genommen werden. Immerhin
erwartet Flughafen-Chef Manfred Kossack deshalb 2006 nur mehr einen
Verlust in Höhe von 22 Millionen Euro. Für den – wie in den Jahren
zuvor – selbstredend die Stadtwerke und somit letztlich deren Eigner,
die Stadt Dortmund, und deren Kunden, also die Dortmunder Bürger,
aufkommen müssen.
Ob der Flughafen die Passagierzahlen halten und wie erhofft weiter
ausbauen, vielleicht gar irgendwann einmal schwarze Zahlen schreiben
kann, und das ohne Zahlentrickserei, dürfte sich frühestens im nächsten
Jahrzehnt zeigen: Erst 2009 läuft das sogenannte Förder- (richtiger:
Subventions-)programm Neres aus, mit dem nicht zuletzt Easyjet nach
Dortmund gelockt wurde. Die Frage lautet: Akzeptiert der Billigflieger
die normalen, also höheren Gebühren? Oder wandert er zum nächsten
Billig-Airport ab? Aber selbst wenn Easyjet bleibt oder andere kommen,
könnten notwendige neue Millionen-Investitionen die Bilanz aufs neue
belasten, vielleicht noch bevor der überteuerte Ausbau der 90er Jahre
bezahlt ist.
Schon jetzt deutet sich an, dass Flughafen und Stadt erpressbar sind,
denn an den Wünschen der größten Linie Easyjet führt bald wohl kein Weg
mehr vorbei. Easyjet-Deutschland-Chef John Kohlsaat hat dankenswerter
Weise schon klar gemacht, wohin die Reise geht: Die strikte Auslegung
des Nachtflugverbots sei ihm ein Dorn im Auge, erläuterte er in einem
Zeitungsinterview. Bis 24 Uhr sollte es flexible Regelungen geben,
wünscht sich der Easyjet-Chefmanager. Dass sich der Dortmunder Rat
mehrheitlich solchen Wünschen etwa im Falle einer Abzugs-Drohung durch
Easyjet widersetzt, ist – im Lichte der bisherigen Erfahrung – mehr als
fraglich. Lorenz Redicker
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