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Billigflug in die roten Zahlen

Mit Easyjet erreicht der Flughafen Dortmund neue Passagierrekorde. Doch das Hoch ist teuer erkauft: Allein 2004 zahlte Dortmund für jeden Fluggast 25 Euro drauf.

Der Billigflieger Easyjet ist in Dortmund überall präsent. „Mir ist kalt - Alicante 25,49 Euro”, heißt es etwa auf den Werbeplakaten. 20.000 Flüge wurden auch schon einmal ganz verschenkt. Zahlen müssen das die Dortmunder. Denn der Flughafen konnte Easyjet nur mit Dumpingpreisen anlocken - da wollen auch die andere Fluggesellschaften nicht mehr zahlen. Zweistellige Millionen-Verluste sind die Folge. Und das wird nach Angaben von Flughafen-Geschäftsführer Manfred Kossack die nächsten fünfzehn, zwanzig Jahre auch so bleiben.

   Auf 29,5 Millionen Euro taxiert der Flughafen derzeit den Verlust für das abgelaufene Geschäftsjahr 2004. Aber während etwa beim Konzerthaus ein viel kleineres Minus den ehemaligen Intendatenten Ulrich Andreas Vogt im Misskredit brachte, nimmt die Politik, nehmen insbesondere SPD und CDU, die Verluste der Startbahn Ruhrgebiet ohne großes politisches Theater hin. An teure Fehler der Vergangenheit, an eigene fatale Fehleinschätzungen lässt man sich offenbar nur ungern erinnern.
   Das Minus des Flughafens müssen zunächst die Dortmunder Stadtwerke ausgleichen: Ihrer 74-Prozent-Tochter Flughafen Dortmund GmbH (den Rest besitzt die Stadt Dortmund direkt) sind sie über einem Gewinn- und Verlustabführungsvertrag verbunden. Gewinn hat der Flughafen indes noch nicht gemacht, seit er zu den Töchtern der Stadtwerke zählt.
   29.500.000 Euro. Das sind bei 1,18 Millionen Fluggästen 25 Euro Zuschuss pro Passagier. Damit ließe sich eine Bahnfahrt bis zum (Billig-)Flughafen Köln-Bonn bezahlen, erster Klasse würde es (fast) bis zum Flughafen Düsseldorf reichen. Zwar machen die Stadtwerke mit Bussen und Bahnen noch mehr Verlust (53,7 Millionen Euro). Das jedoch sind pro Fahrgast nur etwa 40 Cent. Und: der ÖPNV ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, mithin Pflichtaufgabe der Stadt.
   Die Rechnung kann man auch noch anders herum aufmachen: 29,5 Millionen Euro Verlust bedeuten, dass jeder der 590.000 Dortmunder, vom Säugling bis zum Greis, den Flughafen mit 50 Euro bezuschusst. Allein im Jahr 2004. Denn die Stadtwerke gehören zu 100 Prozent der Stadt Dortmund. Das Geld, mit dem die DSW die Flughafen-Verluste ausgleichen müssen, fehlt an anderer Stelle: bei den Verkehrsbetrieben (etwa im abendlichen Stadtbahnverkehr; siehe dazu Seite 2), im Wasser, Strom- oder Gasgeschäft (was bei schwachem Wettbewerb zu erhöhten Preisen führt), oder aber bei der Stadt, für die weniger Gewinn übrig bleibt.
   Ursache des finanziellen Absturzes ist nicht allein der Preiskampf der Billigflieger, denn schon vor dem Einstieg von Easyjet waren die Zahlen katastrophal. Grund ist vor allem der völlig überteuerte Ausbau des Terminals und die Verlängerung der Startbahn. 200 Millionen Euro wurden Ende der 90er Jahre investiert, in der Hoffnung auf beständiges Wachstum und entsprechend steigende Einnahmen. Doch es sollte anders kommen. Die Terroranschläge des 11. Septembers 2001 sorgten für einen nachhaltigen Geschäftseinbruch, die Hauslinie Eurowings wanderte nach Köln ab (nicht zuletzt wegen der damals dort günstigeren Preise), das gewagt-wackelige Zahlenwerk brach in sich zusammen: Anstelle der zuvor kleinen Verluste schreibt der Flughafen in Wickede seither Rote Zahlen in ganz großem Stil.
   Ein Privatunternehmen hätte die Startbahn Ruhrgebiet längst schließen müssen. Davor indes schreckt die Stadt zurück - ausgerechnet auch aus wirtschaftlichen Gründen. Denn das Aus für den Flughafen wäre vermutlich mit der Rückzahlung staatlicher Fördermittel verbunden; zudem müssten die Stadtwerke die Investitionskredite des Flughafens auch ohne dessen Betrieb weiter bedienen.
   Selbst die Grünen plädieren deshalb vorerst für den Weiterbetrieb (bei kostendeckenden, also höheren Gebühren), während SPD und CDU das heikle Thema nicht anrühren; haben sie doch den wirtschaftlich unsinnigen Ausbau zu verantworten - und einst vorgebliche wirtschaftliche Notwendigkeiten (Geschäftsflugverkehr!) gegen Umweltbedenken angeführt. Solange jedoch der Flugbetrieb auf hohem Niveau mit subventionierten Tourismusflügen weitergeführt wird, hilft den lärmgeplagten Anwohner das Finanzdesaster wenig, denn die Zahl der Starts und Landungen geht insgesamt nur geringfügig zurück.
Lorenz Redicker

 

Stand: 30.11.-0001
     

   
 
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