Der Radverkehr im Ruhrgebiet bzw. der „Metropole Ruhr"
fristet nach wie vor eher ein Schattendasein. Der Trend geht zwar nach oben,
auch seit Beitritt der Stadt Dortmund zur Arbeitsgemeinschaft
fahrradfreundliche Städte in NRW im Jahr 2007, aber Investitionen in geeignete
Infrastruktur sind nach wie vor zu selten und zu punktuell. Mit dem
„Radschnellweg Ruhr" sollen Stadtgrenzen überwunden werden, soll das Ruhrgebiet
als eine Region auftreten und die Bedeutung des Radverkehrs insgesamt
unterstrichen und gefördert werden. Die NRW-Landesregierung kann sich bereits
auch in anderen Regionen des Landes Radschnellwege vorstellen.
Im Dezember 2011 wurde eine vom Regionalverband Ruhr (RVR)
in Auftrag gegebene Konzeptstudie durch die Dortmunder Planersocietät fertig
gestellt. Mehr als eine Million Einwohner, über 430.000 Erwerbstätige und etwa
120.000 Studierende könnten mit einem qualitativ hochwertigen Radweg zwischen
Duisburg und Hamm erschlossen werden. In Dortmund könnten so Universität und
Technologiezentrum, die Innenstadt sowie Westfalenhallen, Signal-Iduna-Park und
Westfalenpark gut erreichbar angebunden werden. Erfolge mit vergleichbaren
Projekten gibt es beispielsweise in den Niederlanden, in Dänemark, in
Großbritannien und in Abwandlungen sogar in den USA und Kanada.
Besondere Qualität
Wichtig ist die Einhaltung besonderer Qualitätskriterien:
Direktheit, Breite, Belag, Trennung vom Fußverkehr, Beschilderung/Markierung
und Beleuchtung. Nur so kann ein Radschnellweg tatsächlich eine hohe Bedeutung
im ganzjährigen Alltagsradverkehr bekommen und das umfangreiche, vorhandene
Radverkehrsnetz um wichtige Direktverbindungen ergänzen. Zwischen Mülheim a. d.
Ruhr und Essen entsteht bereits ein Radweg auf der Trasse der stillgelegten
Rheinischen Bahn, der diesen Qualitätsanforderungen weitgehend gerecht wird.
Die öffentliche Diskussion (in Dortmund) erregte sich
schnell an möglichen Kosten sowie Zweifeln an der Notwendigkeit des Projekts.
Dabei gibt es bisher noch gar keine belastbare Kostenschätzung. Grobe
Rechnungen landen auf Basis von Erfahrungswerten im Radwegebau bei gut 100
Millionen Euro. Zum Vergleich: der Ausbau der B1/A40 allein im Bereich der
Schnettkerbrücke hat ebenso viel gekostet. Der geplante B1-Tunnel wird sogar
mit über 250 Millionen Euro veranschlagt. Richtig ist: kaum jemand wird mit dem
Rad die gesamte Strecke von Duisburg nach Hamm fahren - ebenso wie nur wenige
die komplette A40 mit dem Auto befahren. Auf Teilstücken, etwa aus der
Dortmunder oder Bochumer Innenstadt zu Universität und Technologiezentrum oder
zwischen benachbarten Stadtteilen und Zentren, ist eine direkte, schnelle
Alltagsverbindung aber sehr wohl wichtig. Und auch hier würde eine Umsetzung
massive Vorteile bringen! Nicht vergessen werden dürfen dabei allerdings
weitere Investitionen in die städtischen Radverkehrsnetze und Radwege,
geeignete Abstellanlagen, Verknüpfungen zum öffentlichen Nahverkehr sowie zum
Verleihsystem Metropolrad Ruhr.
Ausdrücklich zu begrüßen ist die breite öffentliche
Diskussion über den Radverkehr, die alleine durch die Konzeptstudie angestoßen
wurde. Das Ruhrgebiet muss sich dabei über Stadtgrenzen hinweg als
fahrradfreundliche Region positionieren und eine Vorreiterrolle auch für andere
Regionen einnehmen. Der nächste Schritt beginnt nun mit dem Auftrag für eine
Machbarkeitsstudie, die konkrete Trassenführungen untersucht und deren
Realisierbarkeit beurteilt. Hierzu werden im Frühjahr 2013 Ergebnisse erwartet.
Diskussionsveranstaltung
Der VCD-Kreisverband Dortmund-Unna und die
Pro-Bahn-Ortsgruppe Dortmund werden, gemeinsam mit anderen Umweltverbänden
Dortmunds, das Thema und die nächsten Schritte weiter interessiert und bei
Bedarf auch kritisch begleiten. Dazu wird im Frühjahr eine öffentliche
Diskussionsveranstaltung geplant, zu der Vertreter der Stadt Dortmund, der
Wissenschaft sowie der beteiligten Verbände eingeladen werden. Öffentlich soll
über Ansprüche an die Trassenführung sowie mögliche Trassenkorridore mit
Wünschen und (potenziellen) Konflikten diskutiert werden.
Gleichzeitig sollte insgesamt ein modernes Konzept gewählt
werden, in dem auch über verträgliche Beeinträchtigungen des Autoverkehrs statt
aufwändiger und schwer finanzierbarer Brücken und Tunnel gesprochen wird.
Ansonsten erscheint eine Realisierung des Gesamtprojekts auf absehbare Zeit
schwierig. Gerade der Bereich Dortmund erweist sich hier als kritisch, da auf
keine vorhandene Trasse oder brachliegende Bahnstrecken zurückgegriffen werden
kann.
Radverkehrsförderung bleibt zweifelsohne mehr als der Bau
eines Radschnellwegs - auf diesen verzichten sollte man deshalb aber nicht! Wir
laden deshalb alle Interessierten herzlich zur Beteiligung an den weiteren
Diskussionen ein und freuen uns auf viele Ideen.
Christian Lamker
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