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Stadtfairkehr Nr. 29 - Winter 2011/12 - Seiite 5

Wo die Vandalen hausen

Das Bahnhofsgebäude in Kurl könnte ein Schmuckstück sein, wird aber nicht genutzt - und das ist Ursache einiger Probleme / Lebensgefährlicher Schleichpfad

Der Bahnhof Dortmund-Kurl zählt zu den schlechteren Haltepunkten Dortmunds. Die größten Schwachpunkte sind die nicht vorhandene Barrierefreiheit und die abgelegene Lage des Bahnsteigs zwischen einem baufälligen Bahnhofsgebäude auf der einen und mannshohen Büschen auf der anderen Seite, ein Umstand, der nicht nur eine verstärkte Vandalismusgefahr hervorruft, sondern die Aufenthaltsqualität des Haltepunkts insgesamt sehr stark beeinträchtigt.

Weiter negativ ins Gewicht fallen die fehlende Anbindung des Bahnsteigs an die Kurler Straße, die nicht vorhandene Ausschilderung zu den beiden Bushaltestellen am Bahnhof sowie die vielfach defekten Installationen (etwa Fahrkartenautomaten oder Sitzplätze). Auch die Unterführung zum Bahnsteig erweist sich als klassischer Angstraum, sie ist lang und dunkel, dadurch nicht besonders gut zu überblicken, an vielen Stellen bröckelt der Putz und mitunter entdeckt der aufmerksame Passant auch Schimmelflecken in manchen feuchten Ecken. Die Treppen zum Bahnsteig befinden sich ebenfalls in schlechtem baulichem Zustand, sind ausgetreten und voller Unebenheiten, und bei Nässe besteht erhöhte Rutschgefahr. Die aufgelisteten Punkte alleine machen deutlich: den Bahnsteig zu erreichen ist bereits für Personen, die noch einigermaßen gut zu Fuß sind, eine Herausforderung - Rollstuhlfahrern oder Eltern mit Kinderwagen bleibt hier jedoch nur die Kapitulation. Wen wundert es da noch, dass neben dem Bahnhofsgebäude ein bereits gut ausgetretener Schleichpfad durch Büsche und Müll direkt über das mit 160 km/h befahrene Gleis Richtung Dortmund Hbf zum Bahnsteig entstanden ist.

Weiter gehen die Probleme vor dem Bahnhofsgebäude: Der Bodenbelag des „Vorplatzes" besteht aus Kopfsteinpflaster, was bei Nässe und insbesondere bei Glatteis gefährlich ist. Und man kann hier vom Bahnhof aus kommend nach rechts abbiegen oder geradeaus gehen. Einen Hinweis, wie man zu den beiden Bushaltestellen kommt, gibt es nicht, sehen kann man sie ebenfalls nicht. Hier wären Hinweisschilder angebracht. Auch das über 100 Jahre alte denkmalgeschützte Bahnhofsgebäude, der einzige Bahnhof mit Jugendstileinflüssen in Dortmund, hat wahrlich bessere Zeiten gesehen: Vor den Fenstern hängen Metallplatten (als Schutz vor unerwünschten Eindringlingen) und das Vordach wirkt so, als könnte es unter einer größeren Schneelast zusammenbrechen. Das Gebäude ist zwar wohl derzeit nicht einsturzgefährdet, aber wenn man es weiter nur stehen lässt, ist das nur eine Frage der Zeit. Es muss also dringend etwas passieren - und es gibt zwei größere, aber zwingend anzugehende Verbesserungsmöglichkeiten:

1. Ein Aufzug und eine Treppe können von der Kurler Straße direkt zum Bahnsteig gebaut werden. Dadurch würden die südlichen Bereiche Kurls inklusive des Krankenhauses und eine der beiden Bushaltestellen erheblich besser an den Haltepunkt angebunden. Der Bau einer weniger störanfälligen, weil vor Vandalismus sicheren Rampe an dieser Stelle sollte ebenfalls weiterhin auf der Agenda stehen, auch wenn das während der Pressekonferenz vor Ort aufgrund einer dort verlaufenden Gasleistung als nicht realistisch eingeschätzt worden ist.

Bahn in die Pflicht nehmen

2. In seinem jetzigen Zustand erweisen sich das Bahnhofsgebäude und der Tunnel zum Bahnsteig als ein nicht kalkulierbares Sicherheitsrisiko für Fahrgäste, ein weiterer Stillstand ist daher nicht mehr zu akzeptieren. Dieses muss der Bahn als aktuellem Inhaber auch unter Androhung von rechtlichen Konsequenzen deutlich vor Augen geführt werden. Und sie muss in die Pflicht genommen werden, den Verkaufspreis des Gebäudes deutlich zu senken. Das Problem ist, dass es sich nur noch um eine Bruchbude handelt, die unter Denkmalschutz steht, dieser Umstand erfordert bei einem Umbau zusätzliche Kosten und Aufwand. Letztlich muss neben einer umfassenden Modernisierung des Bahnsteigzugangs die Sanierung und die Neu-Nutzung des Gebäudes zeitnah umgesetzt werden, ob zum Bürgerzentrum (wie aktuell in Arnsberg), zur Volkshochschule (wie in Iserlohn) oder oder oder ...! Der Phantasie sind an dieser Stelle keine Grenzen gesetzt, es muss aber eine Nutzung angestrebt werden, die gewährleistet, dass das Bahnhofsgebäude über den gesamten Tag verteilt von Menschen frequentiert wird.

Es zeigt sich, dass eine Kombination der Punkte 1 und 2 die bestmögliche Verbesserung für den Bahnhof Kurl darstellt, da sie den optimalen Zugang von zwei Seiten inklusive barrierefreier Erreichbarkeit nach dem Vorbild zahlreicher S-Bahnhöfe ermöglicht. Außerdem bieten zwei Zugänge den angenehmen Nebeneffekt, dass nicht nur Fahrgäste den Bahnsteig betreten, sondern auch Passanten, die auf dieser Route den Weg abkürzen wollen. In Verbindung mit einer öffentlichen Einrichtung in dem ehemaligen Bahnhofsgebäude sowie einer modernisierten Unterführung führt dies zu einer deutlich spürbaren Erhöhung der Aufenthaltsqualität. Andere Verbesserungen, wie ein städtebauliches Konzept für den Bahnhofsvorplatz und die Zuwege zum Bahnhof, das Beschneiden der Büsche auf der südlichen Seite des Bahnsteigs und die bessere Beschilderung der Bushaltestellen sind sicherlich schneller und kostengünstiger umzusetzen, aber als Einzelmaßnahmen nicht ausreichend, die Gesamtsituation des Haltepunkts dauerhaft zu optimieren. Für den Bahnhof Kurl sollte dementsprechend eine große Lösung angestrebt werden.
Paul Niemann


Das Bahnhofsgebäude in Kurl ist über 100 Jahre alt. Das sieht man Dortmunds einzigem Bahnhof mit Jugendstileinflüssen leider an. Er wird seit Jahren nicht genutzt und verfällt zunehmend.
Foto: Lins

Stand: 11.12.2011
     

   
 
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