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Stadtfairkehr Nr. 28 - Frühjahr 2011 - Seite 4

Nicht mehr bedarfsgerecht

Immer mehr Studierende drängen zur Universität - Bus und Bahn können da leider nicht mithalten

Die Bushaltestelle an der TU: Nicht barrierefrei, keine Querungshilfen, keine elektronischen Anzeigen der Abfahrtszeiten. Immerhin ist es trocken. Foto: Lins

Tag für Tag pendeln Heerscharen von Studenten mit Auto, Bus oder Bahn bzw. mit dem Fahrrad zur bekanntlich auf der grünen Wiese liegenden Dortmunder Technischen Universität. Und es werden wohl immer mehr: Die doppelten Abiturjahrgänge in NRW im Jahr 2013 und die Mitte Dezember beschlossene Abschaffung der Wehrpflicht sowie die daran gekoppelte Umwandlung des Zivildienstes in einen Freiwilligendienst werden dafür sorgen, dass die Erstsemesterzahlen in den kommenden Jahren neue Höchstwerte erreichen.

Grund genug, sich einmal dezidiert damit auseinandersetzen, ob die ÖPNVAnbindung zur Uni diesem zu erwartenden Ansturm gewachsen ist? Während nämlich die Erreichbarkeit für den Individualverkehr durch die Autobahnanschlussstelle Barop sowie die neu gebaute Verbindungsstraße zwischen Campus Nord und Campus Süd peu à peu verbessert worden ist, tut sich beim ÖPNV vergleichsweise wenig. Sicherlich verkehrt seit einiger Zeit die neue Buslinie 445 zu den Hauptverkehrszeiten zwischen der U-Bahn-Station „An der Palmweide" und der TU; zweifellos hat der Einsatz von längeren Zügen auf der S1 die Kapazitätsengpässe (nach dem Wegfall der früher verkehrenden Verstärkerzüge) verringert; garantiert wird die Errichtung des dritten H-Bahn-Bahnsteigs am Südcampus eine Verbesserung mit sich bringen. Aber reichen diese Maßnahmen, damit die wachsende Zahl von Studenten auch in Zukunft sicher und vor allem pünktlich mit Bus und Bahn ihre Vorlesungen erreicht? Das Grundproblem jedenfalls bleibt: Es gibt keine umsteigefreie Anbindung zur Uni aus den Stadtvierteln, in denen große Teile der Studentenschaft wohnen.

In den Schubladen der Dortmunder Stadtwerke gibt es Konzepte, die eine Verlängerung der H-Bahn in Richtung Barop und auch bis in die Innenstadt vorsehen, doch lediglich der kühnste Optimist mag bei den kalkulierten Kosten an eine baldige Realisierung glauben. Bis dahin müssen daher auch kleinere Maßnahmen unter die Lupe genommen werden, die finanzierbar sind und vor allem zeitnah zu nachhaltigen Verbesserungen führen.

Die Verspätungsanfälligkeit der Linie 440 in Richtung Barop etwa bringt es mit sich, dass man nach einem Spurt an der Haltestelle Barop-Parkhaus oftmals nur noch die Rücklichter der just abgefahrenen U 42 in Richtung City sieht. Dass ein Bus nicht zu jeder Tageszeit pünktlich sein kann, steht hier gar nicht zur Diskussion, aber eine Neugestaltung des sowieso optimierungsbedürftigen Straßenquerschnitts der Stockumer Straße mit eigener Busspur würde bewirken, dass der Bus sich nicht jeden Nachmittag in die lange Autoschlange einreihen muss, die teilweise schon vor der Haltestelle „Am Hedreisch" beginnt. Die von der Palmweide abfahrenden Busse auf der anderen Seite fahren zwar meistens pünktlich ab, trotzdem kommt es tageszeitenabhängig zu betrieblichen Schwierigkeiten, wenn vor allem zu Vorlesungsbeginn schon jetzt gut und gerne 150 Studenten aus der U 42 strömen und in einen Solo-Bus mit ca. 40 Sitzplätzen steigen sollen. Wiederum kommt es zu hausgemachten Verspätungen - warum nicht einfach bei den betreffenden Fahrten konsequent Gelenkbusse einsetzen?

Wenn dann die Bushaltestelle „Universität" erreicht ist, fallen dem Fahrgast die nächsten Mängel direkt ins Auge. Die Haltestelle Richtung Süden ist nicht barrierefrei erreichbar, es existiert keine sichere Querungsmöglichkeit über den Vogelpothsweg und verbotswidrig haltende Pkw verhindern oftmals eine pünktliche Abfahrt der Busse in der ohnehin sehr kurzen Haltestellenbucht. Darüber hinaus erschließt sich der Übergang zu S-Bahn und H-Bahn nur ortskundigen Fahrgästen, am Samstag allerdings, einem aufgrund der steigenden Studierendenzahlen favorisierten Termin für Kompaktseminare, bringt selbst dieses Wissen nicht viel, weil die H-Bahn dann nicht verkehrt. Immerhin: der Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung, Wohnen und Immobilien fordert aktuell die Einrichtung eines Probebetriebs an Samstagen für ein Jahr.

Warum keine Parkgebühren?
Umgestaltungen und ein Umdenken sind also dringend erforderlich, damit auch die ÖPNV-Anbindung dem Anspruch eines Lehr- und Forschungsstandortes mit einem propagierten internationalen Ruf entspricht. Dass es geht, zeigt das Beispiel aus der Landeshauptstadt Düsseldorf, wo seit September die U-Bahn erstmals direkt von der Altstadt und dem Hauptbahnhof zur Heinrich-Heine-Universität verkehrt und eine Verdichtung auf einen 10-Minuten-Takt fest eingeplant ist. Mit einem konsequenten Einsatz für ÖPNV-Projekte und der unvoreingenommenen Auseinandersetzung mit innovativen Finanzierungsmöglichkeiten (warum werden für die zahlreichen in Landesbesitz befindlichen Uniparkplätze keine Gebühren erhoben?) sind auch in Zeiten knapper Kassen größere Investitionen umsetzbar. Die Dortmunder Stadtvertreter und die Uni-Verantwortlichen müssen sich positionieren: Setzen sie einzig und allein auf zwingend notwendige, kurzfristig realisierbare Verbesserungen oder streben sie an, die aktuell noch verschlossene Schublade mit den angesprochenen großen Maßnahmen zu öffnen? Für einen prosperierenden Wissenschaftsstandort, zufriedene Studenten und eine umweltgerechte Verkehrsanbindung ist Letzteres ohne Zweifel zu hoffen.

Julian Lins

Stand: 03.04.2011
     

   
 
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