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Stadtfairkehr Nr. 28 - Frühjahr 2011 - Seite 1,2

Radfahrer gehören auf die Straße

Das Bundesverwaltungsgericht stellt klar, was die Radverkehrsnovelle von 1997 eigentlich bedeutet / Viele Radwege entsprechen nicht den Anforderungen

Am 18. November 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht ein für den Radverkehr in ganz Deutschland wesentliches Urteil gesprochen: Radfahrer dürfen nicht länger pauschal auf vorhandene Radwege gezwungen werden, vielmehr ist Radverkehr grundsätzlich als „Fahrverkehr“ zu verstehen und gehört somit auf die Fahrbahn, sprich Straße.

Zu verhandeln hatte das Gericht die Frage, ob der von der Stadt Regensburg baulich angelegte Radweg neben einer Landstraße mit ca. 5,50 m Fahrbahnbreite und der nur mäßigen Verkehrbelastung von ca. 2500 Kfz/Tag zwingend zu benutzen ist, denn die Stadtverwaltung hatte besagten Radweg mit dem Verkehrszeichen 240 „gemeinsamer Geh-/Radweg“ beschildert und damit die Benutzungspflicht ausgesprochen. Solche Ausschilderungen gibt es in Deutschland, auch in Dortmund und im Kreis Unna, massenhaft.

Gegen diese konkrete Beschilderung hatte der örtliche ADFC-Vorsitzende geklagt und nun letztinstanzlich auch Recht bekommen. Der Leitsatz des Gerichts lautet: Eine Radwegebenutzungspflicht darf nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Rechtsgutbeeinträchtigung erheblich übersteigt.

Das hier angesprochene „Rechtsgut“ ist das allgemeine Recht, auf der Fahrbahn fahren zu dürfen. Und dieses Recht darf eben nur dann beeinträchtigt werden, wenn

  1. aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse
  2. eine Gefahrenlage besteht, die
  3. das allgemeine Risiko erheblich übersteigt.

Keiner der drei Punkte war im konkreten Fall gegeben, das Gericht hat damit die Urteile der Vorinstanzen, dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München sowie dem Verwaltungsgericht in Regensburg bestätigt und klargestellt, dass die Regelungen, die bereits seit der Radverkehrsnovelle von 1997 gelten, auch uneingeschränkt anzuwenden sind. Das Gericht hat also beileibe kein neues Recht gesprochen, sondern nur deutlich gemacht, dass im konkreten Fall die Stadt Regensburg seit mehr als 13 Jahren geltendes Recht ignoriert hat.

Aber dies gilt eben nicht nur für Regensburg, sondern für zahllose Städte und Gemeinden, die landauf landab jeden Radweg, der irgendwo gebaut worden ist, auch gleich mit den runden blauen Schildern als „separaten Radweg“ (VZ 237), als getrennten (VZ 241) oder gemeinsamen (VZ 240) Fuß- und Radweg ausgeschildert haben; dies geht jetzt endgültig nicht mehr.

Und das Gericht hat ebenfalls bestätigt, dass alle Radwege, beschilderte wie nicht beschilderte, die in der Radverkehrsnovelle 1997 festgelegten Qualitätskriterien zu erfüllen haben:

  • ein baulicher Radweg soll im Regelfall 2,00 m, mindestens aber 1,50 m breit sein,
  • ein auf der Fahrbahn markierter Radstreifen soll 1,85 m, mindestens aber 1,50 m breit sein,
  • ein gemeinsamer Geh-/Radweg innerorts mindestens 2,50 m, außerorts mindestens 2,00 m breit sein.

Was bedeutet dies für unsere Region?
Trotz des Urteils gilt erst einmal: Wo Radwege beschildert sind, müssen sie benutzt werden. Wir sollten überall dort, wo wir in Dortmund oder im Kreis Unna eine Radwegbeschilderung antreffen, prüfen, ob dort tatsächlich die vom Gericht geforderte Gefahrenlage besteht, und das allgemeine Risiko erheblich überschritten ist, denn nur dann ist auch die verhängte Benutzungspflicht berechtigt, in allen anderen Fällen aber sollten wir die jeweilige Stadtverwaltung darauf aufmerksam machen, dass hier die Radwegbeschilderung zu beseitigen ist.





Meines Erachtens für alle Beteiligten (Verwaltungen wie auch Radfahrer/innen) viel einfacher und nützlicher wäre es, es würde ganz einfach vom Gesetzgeber die Benutzungspflicht abgeschafft, denn dann könnten zahlreiche Schilder einfach hängen bleiben und wir Radfahrer hätten dennoch vor Ort stets die Wahlmöglichkeit zwischen Fahrbahn und Radweg – aber bis dahin ist es vermutlich noch ein langer Weg, trotz des eigentlich wirklich guten Urteils.


Albrecht Buscher

Stand: 29.03.2011
     

   
 
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