Fußgänger in Dortmund (und andernorts) werden systematisch benachteiligt. Der VCD will dies ändern.
Stadtbahnhalt Lippestraße, Innenstadt Ost. Eine Stadtbahn fährt ein, sieben Personen steigen aus, gehen zur Ampel. Die zeigt Rot für Fußgänger. Drei gehen trotzdem, die Straße ist frei; vier warten: eine Familie mit Kindern. Vorbild sein fällt schwer. Nur wer drückt, erhält Grün. Nicht jeder weiß das, wartet dann lange, geht irgendwann bei Rot.
Zwei Minuten später. Die Bahn Richtung City kommt, man sieht sie schon von weitem. Eine Mutter mit Kind steht an der roten Ampel, wird unruhig. Vorbild? Die Ampel will nicht umspringen, da hilft auch Drücken nicht, nicht auf die Schnelle. Die Mutter schaut nach links, kein Auto kommt, und läuft los mit dem Kind an der Hand. Die Bahn will sie nicht verpassen.
Typische Szenen. Fußgänger-Ampeln sind für viele Dortmunder ein Mysterium. Kein Wunder - da gibt es welche, die springen automatisch auf Grün, Tag und Nacht. Einige reagieren nur auf Anforderung, manche erfreulich flott, das sind meist reine Fußgänger-Ampeln; an Kreuzungen dagegen dauert es. Und es gibt viele Mischformen: tags automatischer Lichtzeichen-Wechsel, abends und nachts Anforderung - selbst an wichtigen Passagen für Fußgänger. Mal sind die Knöpfe zur Anforderung Attrappen, mal geht ohne sie nichts. Wer blickt da noch durch?
Martin Krieg zum Beispiel. Er ist als Abteilungsleiter im Tiefbauamt zuständig für die Verkehrstechnik, somit auch für Verkehrssignalanlagen, also die Ampeln. Dem VCD erläuterte Krieg, warum Ampeln wie geschaltet sind. Klar wurde dabei: Es geht vor allem um den fließenden Verkehr. Genauer: den Autoverkehr. Die Autos sollen fahren, möglichst ohne Behinderung. Das gibt die RILSA (Richtlinie für Lichtsignalanlagen) vor, an die sind Krieg und seine Abteilung gebunden.
Natürlich hilft der Verkehrsfluss Umwelt und Anwohnern, Anfahren kostet viel Sprit und macht unnötig Lärm.
Fußgänger stören da nur.
Außer Acht lassen kann man sie natürlich nicht, vor allem tagsüber, wenn viele Fußgänger unterwegs sind (wollen die Herren der Dortmunder Ampeln auch gar nicht, Krieg ist Fußgängern wohlgesonnen). Deshalb gibt es häufig Ampeln, die tagsüber automatisch wechseln, was den Autoverkehr nur suboptimal fließen lässt. Abends werden diese Anlagen auf Anforderungsbetrieb umgestellt - Grund: es gibt dann weniger Fußgänger; wenn man den Autoverkehr jetzt flüssiger gestaltet, stört das weniger als am Tag.
Problem: Viele Fußgänger machen bei solchen Planspielen nicht mit. Wer tagsüber nicht drücken muss, drückt abends auch nicht. Wenn dann nichts passiert, ärgert sich der Fußgänger - und geht bei Rot. Beim nächsten Mal geht er gleich. Ampeln also werden durch solche Schaltungen schleichend entwertet - für die Sicherheit eine fatale Entwicklung.
Viele Anforderungsampeln benachteiligen Fußgänger noch viel stärker. Etwa die oben genannte an der Lippestraße, die zur Stadtbahnhaltestelle führt. Sie springt nie automatisch um, nicht einmal, wenn der gleichlaufende Autoverkehr Grün erhält. Weil, so Ampelexperte Krieg, Fußgänger mehr Zeit benötigten, um eine Kreuzung zu räumen - die Zeit will man dem Autoverkehr (auf der Hamburger Straße) nur nehmen, wenn es nötig ist, wenn also ein Fußgänger drückt.
Solche Benachteiligungen für Fußgänger empfindet der VCD als absurd. Stadtbahnhaltestellen sind wichtige Verknüpfungspunkte, hier und an vielen aufkommensstarken Kreuzungen und Querungen muss der Fußverkehr zumindest gleichberechtigt behandelt werden. Also: Weg mit Anforderungsampeln, wo auch eine automatische Schaltung möglich ist. Dafür will sich der VCD einsetzen, bei Politik und Verwaltung.
Für diesen Einsatz erbitten wir auch die Hilfe der Dortmunder: Melden Sie uns Ampeln, die Fußgänger benachteiligen, warum auch immer. Per Mail ampel#vcd-dortmund.de (Spamschutzzeichen # durch @ ersetzen!) oder an die Post-Adresse (Eisenmarkt 1, 44137 Dortmund). Wir werden uns mit Verwaltung und Bezirksvertretungen zusammensetzen, um Missstände zu beseitigen.
Lorenz Redicker
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