Die große Kündigungswelle ist ausgeblieben. Der große Ärger nicht. Der
Carsharing-Anbieter Greenwheels hat Anfang vergangenen Jahres die
Preise drastisch erhöht.
„Wir haben einige Kunden verloren, haben aber auch vorher natürlich
damit gerechnet.” Greenwheels-Geschäftsführer Birger Holm sieht die
Folgen der Preiserhöhung nüchtern. Jede Tarifreform bringe
Unannehmlichkeiten mit sich: der Kunde müsse sich neu zurechtfinden und
höhere Preise zahlen, der Anbieter Beschwerden entgegennehmen und
Kündigungen abarbeiten. „Jetzt ist das Thema durch”, sagt Holm.
Tatsächlich hatte es die Preisreform in sich. Greenwheels führte drei
neue Tarifgruppen ein, die das historisch gewachsene Chaos aus 94
verschiedenen Tarif-Kombinationen ablöste, dazu eine neue
Kraftstoffpauschale (zusätzlich zum Kilometerpreis), drehte aber vor
allem an den Stundensätzen. Kunden, die zuvor tagsüber teils nur zwei
Euro und weniger pro Stunde für ein Auto bezahlen mussten, sahen sich
nun an Wochenenden - das bei Greenwheels nach Preisen freitags um 10
Uhr beginnt - mit einer Verdreifachung der Kosten auf sechs Euro (für
einen Kleinwagen im Wenigfahrer-Tarif) konfrontiert. Nur zwischen 22
und 10 Uhr fährt es noch vergleichsweise günstig. Im Internet-Blog
Jastram.de errechneten verärgerte Greenwheels-Kunden monatliche
Preissteigerungen von bis über 100 Prozent, so mancher stieg deshalb
zähneknirschend auf ein eigenes Auto um. Der Autor dieser Zeilen, eher
ein Wenigfahrer, hätte für die letzten acht Monate vor der Tarifreform
nach neuen Preisen knapp 60 Prozent (absolut etwa 200 Euro) mehr
bezahlen müssen.
Greenwheels begründete die Preiserhöhungen, die Holm selbst „als
schmerzhaft für viele Kunden” bezeichnete, mit kräftig gestiegenen
Fahrzeug- und Kraftstoffkosten, die seit 2005 nicht mehr an die Kunden
weitergegeben worden seien. Mit der Preisreform, die in Dortmund und
Unna auch das Aus für die guten alten Stadtmobil- und Shelldrive-Tarife
bedeutete, habe es der Kunde aber selbst in der Hand, die Kosten zu
beeinflussen - indem er etwa weniger am Wochenende und dafür häufiger
nachts ein Auto nutze.
Nur „einige Wechsler”
Zur großen Flucht aus den neuen Greenwheels-Tarifen kam es jedoch
nicht. In Dortmund profitierte Konkurrent Drive Carsharing zwar vom
Frust mancher Greenwheels-Geschädigter, Drive-Geschäftsführer Andreas
Allebrodt, früher bei Greenwheels-Vorgänger Shell drive, spricht jedoch
nur von „einigen alten Stammkunden”, die gewechselt seien. Zahlen nennt
er nicht, zum Ausbau des Drive-Stationsnetzes in Dortmund (im Kreis
Unna ist Drive nicht aktiv) reichte es aber nicht; es blieb bei den
Standorten Hauptbahnhof, Huckarder Straße und Hörde Bahnhof. Allebrodt
gibt sich dennoch zufrieden, „wir entwickeln uns in kleinen Schritten”,
die Autos müssten wirtschaftlich laufen, nur gut ausgelastete Stationen
rechneten sich letztlich.
Greenwheels hat sein Dortmunder Netz nicht nur halten, sondern in der
Fläche sogar ein wenig ausdehnen können. In Eichlinghofen und Hombruch
kamen zuletzt weitere Standorte außerhalb des Zentrums dazu, eine
Station in Aplerbeck wurde jedoch nach wenigen Monaten wieder
aufgegeben. Insgesamt gibt es wieder 20 Greenwheels-Standorte in
Dortmund, „im Verlauf des Jahres sollen weitere dazukommen”, kündigte
Holm gegenüber der Stadtfairkehr an. Auch in Unna gibt es mit der
Lindenbrauerei seit Ende Januar einen neuen Greenwheels-Standort -
Ersatz für die 2007 entfallene Station Unna Bahnhof.
Zumindest in Randbereichen hat Greenwheels die Tarifreform bereits
wieder zurückgenommen. So gibt es an sogenannten Jokerstationen jetzt
rabattierte 24-Stunden-Tarife, und in den Herbstferien gab es
Sonderangebote, verbunden mit der Möglichkeit, Autos länger als drei
Tage zu buchen – was zuvor gar nicht möglich war. „Man kann nicht
dauerhaft die Wünsche der Kunden ignorieren”, kommentiert Drive-Chef
Allebrodt den Sinneswandel seines Mitbewerbers süffisant. Lorenz
Redicker
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