Eigentlich weiß der regelmäßige Bahnreisende, dass das „S“ in S-Bahn für das Wort „schnell“ stehen soll. Dass diese Bedeutung für die S-Bahn-Linie S1 eher selten zutrifft, davon jedoch können unzählige Berufspendler und Studenten, die auf dem Weg in Richtung Dortmund-Universität sind, ein Lied singen. So kann bei der S1 das „S“ für „schnell“ getrost durch das Wort „spät“ oder das englische „slow“ für langsam ersetzt werden.
Beinahe täglich kommt es auf dieser direkten Verbindung zwischen Technischer Universität (TU) und Dortmund Hauptbahnhof, die laut Fahrplan alle 20 Minuten verkehren sollte, zu langen Verspätungen oder nicht selten ganzen Zugausfällen. Pünktlich waren laut VRR zeitweise nur 15 Prozent der Bahnen. Dies führt dazu, dass die siebenminütige Fahrt zwischen Dortmund Universität und Hauptbahnhof schnell auch mal eine halbe Stunde dauern kann. Die Bahn begründet die Unpünktlichkeit mit Baustellen an der Strecke sowie der ständigen Überlastung der Kapazitäten. Manchmal sind auch Weichenstörungen oder eine „Verzögerung im Betriebsablauf“ für die Verspätung verantwortlich.
Zum Ärger der Bahnkunden lässt neben der notorischen Unpünktlichkeit auch die Informationspolitik im Bezug auf die Verspätungen zu wünschen übrig. So erfährt der wartende Fahrgast an der Uni, wenn er die rauschende Stimme aus der Lautsprecherdurchsage denn überhaupt verstehen kann, immer erst zur regulären Abfahrtszeit davon, ob der Zug unpünktlich eintrifft. Dabei kann es vorkommen, dass zwar eine fünfminütige Verspätung angekündigt wird, der Zug aber am Ende doch 15 Minuten später eintrifft. Da ärgert man sich als Fahrgast natürlich, wenn man in dieser Situation nicht den beinahe zeitgleich abfahrenden Bus in Richtung Innenstadt genommen hat.
S1-Fahrgäste werden von der Bahn aber offenbar nicht mehr als vollwertige Kunden gesehen. Anders lässt sich Bahnsprecher Gerd Felser nicht verstehen, der vom Asta der TU folgendermaßen zitiert wird: „Um sein Ziel zu erreichen, muss man eben auch mal 20 Minuten eher aufstehen.”
Nun sollte wenigstens erwartet werden, dass versucht wird, den Kunden die oftmals sehr lange Wartezeit auf die S1 oder die Fahrt in der S1 in einer angenehmen Umgebung zu ermöglichen. Doch wer den Haltepunkt Dortmund Universität kennt, wird eines Besseren belehrt. Schon bei einem kleinen Regenfall wird der unterirdische gelegene Bahnsteig nass. Dass Rolltreppen außer Funktion sind oder die ganze Station sehr dunkel wird, ist da eher noch das kleinere Übel.
Neue Triebwagen
Aber auch die Waggons sind nicht mehr zeitgemäß. Oftmals verhindern nicht funktionierende Türen ein störungsfreies Ein- und Aussteigen und häufig sind Sitzbänke und Wände beschmiert oder kaputt. Zudem sind die Züge insbesondere zu den morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten völlig überfüllt, so dass die Bahnfahrt gerade in den Sommermonaten aufgrund fehlender Klimaanlage schnell zu einer schweißtreibenden Angelegenheit werden kann. Nachdem die aufgrund der gekürzten Regionalisierungsmittel gestrichenen Entlastungszüge der S1, die bis 2007 zu den Hauptzeiten zwischen Dortmund und Bochum verkehrten, nicht mehr fahren, hat sich dieses Problem weiter verschärft. So kommt es vor, dass nicht alle Fahrgäste am Hauptbahnhof Dortmund in die überfüllte S-Bahn hineinpassen und 20 Minuten warten müssen.
Nun muss der Bahn zugute gehalten werden, dass man sich der Problematik der veralteten Waggons endlich angenommen hat. So sollen noch in diesem Jahr auf der S1 neue Züge der Wagenreihe ET 422 zum Einsatz kommen, wie sie seit Dezember 2008 in Dortmund auf der S2 verkehren. Die modernen Wagen verfügen über eine Klimaanlage und Fahrgastsprechzellen. Allerdings kann es sein, verursacht durch die lange ausstehende Zulassungsgenehmigung seitens des Eisenbahnbundesamtes, dass sich der Betriebsstart auf der S1 verzögern wird. Zudem stellt sich die Frage, ob der Einsatz der ohne Zweifel komfortableren und für den S-Bahn-Verkehr besser geeigneten Wagen auch zu einer höheren Pünktlichkeit führen wird oder ob dafür weitere betriebliche Optimierungen notwendig sind.
So könnte es sich anbieten, den Streckenverlauf der S1 zu kürzen, um der auch bedingt durch den langen Fahrtweg hohen Verspätungsanfälligkeit entgegenzutreten. Derzeit ist allerdings das Gegenteil geplant: die Verlängerung bis Solingen. Außerdem könnte es sinnvoll sein, die Standzeit der S 1 an den Endbahnhöfen zu erhöhen (aktuell in Düsseldorf 10, in Dortmund 8 Minuten), damit eine einmal angefahrene Verspätung leichter wieder aufgeholt werden kann. Neben den Betriebsverbesserungen ist es zudem unabdingbar, Informationen kundenfreundlicher zu gestalten. So könnten regelmäßig aktualisierte digitale Abfahrtstafeln an den Stationen dem Fahrgast die Möglichkeit bieten, sich frühzeitig auf eine Verspätung einzustellen. Zwar ist die Unpünktlichkeit auch in diesem Fall ein Ärgernis, aber so mancher Fahrgast hat vielleicht die Möglichkeit, auf andere Verkehrsmittel wie den Bus umzusteigen.
Ungeachtet dieser weitergehenden Überlegungen bleibt dem Bahnreisenden zu wünschen, dass bereits infolge des Einsatzes der neuen ET-422-Triebwagen die S1 hoffentlich noch in diesem Jahr komfortabler, sicherer und vor allem pünktlicher werden wird, damit bald wieder mit Recht von der S1 als einer „schnellen“ Bahnverbindung zwischen Dortmund Hbf und Universität und weiter nach Düsseldorf gesprochen werden kann.
Julian Lins
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