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Stadtfairkehr Nr. 25 - Frühjahr 2008 - Seite 1


Bildzeile: Die kleinste Umweltzone der Welt an der Brackeler Straße misst ganze 300 Meter. Sie wird folgenlos bleiben. Denn ob hier Autos fahren dürfen oder nicht, wird praktisch nicht überprüft.

Der Feinstaub-Skandal

Die geplanten Umwelt-Zönchen im Ruhrgebiet helfen weder Mensch noch Umwelt.
Die Politik hat viel zu spät auf das Problem reagiert - und das auch nur halbherzig.

Am Anfang war noch die große Lösung geplant: Der Regionalverband Ruhr propagierte die Umweltzone Ruhrgebiet. Dann, in den Händen des Landesumweltministers Uhlenberg, zerfiel die große Zone schon in mehrere Einzelteile. Jetzt, da sich die Minister für Wirtschaft (Thoben) und Verkehr (Wittke) sowie der Regierungspräsident (Diegel, alle CDU) eingemischt haben, bleibt nur ein Scherbenhaufen: Hier ein Umwelt-Zönchen, dort eins, und noch eins und noch eins. Und reichlich Ausnahmen. Den Menschen hilft das alles nicht.

Den Schaden haben aber auch noch andere. Etwa die Umweltpolitik: Sie ist blamiert bis auf die Knochen, unfähig, ein Problem zu lösen, das Tausende das Leben kostet. Und zum Beispiel der City-Einzelhandel in Dortmund, der in der Umweltzone liegt – anders etwa als die Einkaufszentren auf der grünen Wiese.
In Dortmund soll die Zone die gesamte Innenstadt umfassen: im Süden bis zur B1 (plus ein Stück von Hörde), im Osten bis zur B236, im Westen bis zum Hafen, der selbst wohl ausgenommen wird. Geplanter Start ist der 1. Oktober. Fahren dürfen nur Autos mit grüner, gelber oder roter Schadstoff-Plakette; Anwohnern wird sechs Monate Übergangsfrist gewährt, Ausnahmen gelten für Gewerbetreibende, Handwerkerfahrzeuge, Busse, Taxen, Schwerbehinderte.
Die Vermutung, dass das alles nichts bringe, liegt nahe – wird aber erst in zwei Jahren überprüft.
Zur Erinnerung: Feinstäube, kleine Schwebteilchen in der Luft, höchsten 10 Mikrometer groß, unter anderem als Dieselrußpartikel, Autoreifenabrieb, Industrie-Emmission, dringen über die Atemwege des Menschen bis ins Blut und in die Organe ein; verursachen insbesondere Atemwegserkrankungen und laut Weltgesundheitsorganisation WHO in Deutschland 65.000 vorzeitige Todesfälle. Der ADAC übrigens kommt „nur” auf 4800 Tote. Zu wenig für örtliche Fahrverbote, meint der Autoclub.
Das Feinstaubproblem ist länger bekannt, die Europäische Union hat bereits 1999 eine Richtlinie mit strengen Grenzwerten herausgegeben. Doch in Deutschland wurde das Thema komplett verschlafen. Die Bundespolitik hat viel zu spät eine zu geringe Förderung von Dieselrußfiltern eingeführt, statt frühzeitig den Neuwagenverkauf ohne Filter schlicht zu verbieten und bei alten Fahrzeugen die Umstellung durch Filter-Förderung plus Steuererhöhung für Filter-Verweigerer   zu beschleunigen. Auch geht sie jetzt das Feinstaubproblem bei Kaminen und Holzöfen zu spät an - mit allzu großzügigen Übergangsfristen (2015) für den verbindlichen Filtereinbau.
Und die Länder? Stecken noch heute lieber den Kopf in den Sand, als zu reagieren – siehe Umweltzone Ruhrgebiet. Das Problem wird den Kommunen aufgehalst. Die reagieren  häufig mit purem Aktionismus – setzen ihre kurzfristigen Hoffnungen auf Nassreinigung oder neuerdings Moosmatten. Langfristig dürfte eine massive Stärkung des Umweltverbundes, von Fuß- und Radverkehr, Bussen und Bahnen, helfen. Doch da fehlt den Städten der Wille. Oder das Geld.
Meist auch beides.           Lorenz Redicker

Stand: 29.05.2009
     

   
 
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