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Stadtfairkehr Nr. 25 - Frühjahr 2008 - Seite 3

„Es ist ein bitterer Witz!”

Die Mittel für Bus und Bahn werden gekürzt - allem Klimaschutzgerede zum Trotz -
Offener Brief von VCD und BUND legt Widersprüche der Regierenden offen

Das Haushaltsbegleitgesetz - vom  Bundestag im Jahr 2006 beschlossen - hat die für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zur Verfügung stehenden Steuermittel erheblich reduziert, die der Bund aus dem Aufkommen der Mineralölsteuer den Ländern zur Verfügung stellt. Diese „Regionalisierungsmittel“ genannten Beträge in einer Größenordnung von bundesweit ca. 7,05 Milliarden Euro im Jahr 2005 sollten von 2006 bis 2010 – statt sie weiterhin um jährlich 1,5 Prozent zu erhöhen - deutlich in einer Größenordnung von 2,3 Milliarden Euro gekürzt werden. Für 2011 ist eine Revision geplant.

Im Rahmen der parlamentarischen Beratungen konnte dann das Schlimmste verhindert werden, da der Bund für die Jahre 2008 bis 2010 die Förderung wieder um insgesamt 500 Millionen Euro aufgestockt hatte. Somit stehen dem SPNV von 2006 bis 2010 bundesweit 1,8 Milliarden Euro weniger zur Verfügung, als wenn die Regionalisierungsmittel wie ursprünglich geplant gezahlt würden. Im Jahr 2006 war die Kürzung mit 1,4 Prozent noch relativ bescheiden, während für 2010 immerhin 9,4 Prozent, also fast ein Zehntel weniger Fördermittel zur Verfügung stehen. Im Jahresdurchschnitt von 2006 bis 2010 beträgt die Kürzung 7,25 Prozent. Die Bundesländer sind jeweils proportional betroffen, da sie vom Gesamtbetrag einen konstanten Prozentsatz erhalten (NRW-Anteil 15,75 Prozent).       
Für den VCD Kreisverband Dortmund-Unna war diese unerfreuliche Entwicklung Anlass genug, einen Teil der Aktivitäten darauf zu verwenden, die Öffentlichkeit auf den politischen Widerspruch hinzuweisen, der mit dieser Kürzung verbunden ist. Denn während sich die Bundesregierung in der Weltpolitik als „oberste Klimaschützerin“ präsentierte, führen die Einschnitte bei den Regionalisierungsmitteln in den Ländern zum Ergebnis, dass der umweltfreundliche SPNV erheblich beschnitten wird. Nur wenige Bundesländer, z. B. Rheinland-Pfalz – nicht aber NRW – waren bereit, eine Kompensation aus dem Landeshaushalt zu leisten. Immerhin fällt den Ländern aus der Erhöhung der Mehrwertsteuer ein Vielfaches dessen zu, was jetzt im SPNV fehlt. 
Gemeinsam mit der BUND-Kreisgruppe Dortmund forderte der VCD vom Bundestag, die Kürzung der Regionalisierungsmittel zurückzunehmen und den SPNV weiterhin auszubauen. Schließlich trägt der Autoverkehr mit 20 Prozent zur CO2-Belastung und zum Klimawandel bei, wobei der öffentliche Verkehr für eine deutliche Minderung sorgt. Diese Forderungen haben VCD und BUND im Mai 2007 in Form eines Offenen Briefes den örtlichen Bundes- und Landtagsabgeordneten sowie dem Dortmunder Oberbürgermeister Gehard Langemeyer und Landrat Michael Makiolla (Kreis Unna) vorgetragen. Dabei wurde von den Landtagsabgeordneten gefordert, die Kürzungen mit Landesmitteln aus dem deutlich gestiegenen Mehrwertsteueraufkommen solange zu kompensieren, bis der Bund wieder für die vollständige Bedarfsdeckung sorgt. Immerhin sorgen so manch andere Bundesländer für eine Problemlösung.
 
Keine Mehrheit für Kürzung in Dortmund und Unna

Die Antworten der örtlichen Parlamentarier zeigen, dass bei einer Abstimmung unter ihnen keine Mehrheit zur Kürzung der Regionalisierungsmittel zustande gekommen wäre. Insbesondere die Abgeordneten von B´90/Grüne unterstützen ausdrücklich die Forderungen von VCD und BUND. „Es ist ein bitterer Witz, wenn die Bundesregierung sich den Klimaschutz auf die Fahnen schreibt und im gleichen Atemzug dem Klima schonenden ÖPNV den Teppich unter den Füßen wegzieht“, so Markus Kurth, sozialpolitischer Sprecher der grünen Fraktion im Bundestag und Dortmunder Abgeordneter. Die Grünen- Fraktion hatte auf Bundesebene gegen eine Haushaltskonsolidierung auf Kosten des SPNV votiert und eine entsprechende Gesetzesänderung, die wenigstens eine Sicherung des erreichten Niveaus bedeutet hätte, eingebracht.
Die SPD ist demgegenüber in der Situation, einerseits die Position der Umweltverbände grundsätzlich zu unterstützen, andererseits jedoch ihr Votum für das Haushaltsbegleitgesetz verteidigen zu müssen. So freut sich Marco Bülow, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und ebenfalls aus Dortmund, über das Engagement des BUND und des VCD, stellt aber die Tatsache, dass 500 Mio. EUR von 2008 bis 2010 zusätzlich bereitgestellt werden, als freudige Nachricht dar. Immerhin „hat sich die SPD-Fraktion im Landtag und in den zuständigen Ausschüssen mehrfach dafür eingesetzt, die entfallenden Regionalisierungsmittel durch Mittel des Landes NRW zu ersetzen“, so Wolfram Kuschke, SPD-Landtagsabgeordneter aus Unna.
Die Parlamentarier von CDU und FDP verteidigen im Trend die Kürzung, wobei problematisiert wird, dass die Länder die Mittel teilweise zweckentfremdet hätten. So würde zum Teil die Schülerbeförderung aus diesen Mitteln bestritten, welche die Länder eigentlich aus eigenen Mitteln bestreiten müssten. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Regionalisierungsmittel zu einer viel zu üppigen Dotierung der Deutschen Bahn AG (DB AG) – das Gros der Unternehmensgewinne werde im Nahverkehr erzielt – geführt hätten. Daher wird von den Ländern und den Aufgabenträgern im SPNV gefordert, künftig alle Leistungen im Wettbewerb zu vergeben. Die bereits durchgeführten Vergabeverfahren würden deutlich zeigen, dass auf diese Weise erhebliche Kostensenkungspotenziale zu erschließen sind. Hier schließt sich dann der Kreis, da auch die grünen Parlamentarier vermuten, dass mehr Ausschreibungen und eine größere Mitteleffizienz anzustreben sind.
Die Stadt Dortmund und der Kreis Unna unterstützen die Position von VCD und BUND und haben sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten für eine Rücknahme der Kürzungen bzw. für einen Ersatz der Mittel durch das Land NRW eingesetzt.  
Ein Ersatz entfallender Bundesmittel durch Landesmittel könnte übrigens durchaus neu mit dem Schutz des Klimas begründet werden, da aktuell „mit den Regionalisierungsmitteln keine Klimaschutzziele verfolgt werden“, so Oskar Burkert, CDU-Landtagsabgeordneter aus Hamm und für den Kreis Unna zuständig. Widersprüchliches scheint der Mann in diesen seinen Worten nicht zu sehen.

Die Antworten können hier (PDF-Dokument - 80 KB) eingesehen werden.

Die Zukunft der Regionalbahnhöfe in Nordrhein-Westfalen: Keine Züge, keine Reisenden?
Im Bild: Bahnhof Ostkreuz, Berlin.     Foto: Careau mit o. / Photocase

Stand: 01.04.2008
     

   
 
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