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Eine „Heuschrecke” führt Krieg

Bericht der Westfälischen Rundschau vom 29.09.2007: Mit gerade einmal einem Prozent ist der gefürchtete US-Investor Guy Wyser-Pratte beim deutschen Reisekonzern TUI in Hannover eingestiegen. Und prompt forderte er gestern die Entlassung von TUI-Chef Frenzel.

Von Peter Bauer

Eine Titulierung als "Rambo" würde Wyser-Pratte vermutlich als liebevollen Ehrentitel annehmen. Er orientiert sich eingestandenermaßen "an der Gefechtstaktik des Marinecorps" der US-Streitkräfte, also der gefürchteten "Ledernacken": "Das Element der Überraschung nutzen, Kräfte richtig verteilen, Waffen kombiniert einsetzen." Wyser-Pratte übt sich nach seinen eigenen Worten in "Kriegsführung".

Offenbar liegt der schmutzige Krieg in Vietnam auch weit genug zurück, dass Wyser-Pratte einem Unternehmen vor Jahren zu drohen wagte: "Wacht auf und riecht das Napalm." Aber für den Investor rechtfertigt Erfolg die Mittel: "Ich habe einem französischen Konzern damit klar gemacht, dass es nun hässlich wird," rechtfertigte sich Wyser-Pratt in einem Interview.

TUI-Chef Frenzel weiß also, welch rabiate Attacken ihn erwarten - grundsätzlich und in seinem Fall noch speziell: Wyser-Pratte hat aus seiner Sicht noch eine Rechnung mit Frenzel offen. Da war vor Jahren der Fall des Maschinenbaukonzerns Babcock Borsig. Dort verlor Wyser-Pratte einen zweistelligen Millionenbetrag, weil - so sein Vorwurf - TUI marode Unternehmensteile an seine Tochter Babcock übertragen hat. Oder anders ausgedrückt: Babcock sei bereits pleite gewesen, bevor der Amerikaner eingestiegen sei: "Das war eine der größten Gaunereien überhaupt, fast schon mafiös," wütete Wyser-Pratte noch Jahre danach, um nun zu drohen: "Ich komme nicht zu einem Freundschaftsbesuch, Frenzel muss gehen."

Wyser-Prattes Erfolgsrezept: In vermeintlich unterbewertete Unternehmen mit kleinen Beträgen einsteigen (im Falle TUI mit 40 Millionen Euro), dem Management drohen (es also "auf Trab bringen"), Verbündete suchen, ausschlachten, teilen - und gehen. Also genau das tun, was Vizekanzler Franz Müntefering den vielgeschmähten "Heuschrecken" unterstellt.

Bei der Kopierfirma Cewe Color liefen die verbündeten heuschrecklichen Investoren ausnahmsweise einmal auf, die Gründerfamilie blockte sie ab. Bei der Karlsruher IWKA dagegen flogen Vorstände und Aufsichtsräte in Serie hinaus. Bei Rheinmetall funkten Wyser-Pratte und die Eigentümerfamilie Röchling von vornherein auf der selben Frequenz.

Und beim Sauerländer Unternehmen Vossloh? Dort stieg Wyser-Pratte mit einer Mini-Beteiligung und großem Geläut ein, als der langjährige Vorstandschef Burkhard Schuchmann überraschend ausgeschieden und soeben ein neuer Chef installiert war. Aus der verlangten großen Umstrukturierung wurde am Ende nichts, Wyser-Pratt stieg aus - mit einem dicken Kursgewinn. Dass Vorstandschef Gerhard Eschenröder gut ein Jahr später wie sein Vorgänger überraschend gehen musste, kann man Wyser-Pratte nicht mehr anlasten.

Ob der aggressive Investor im Falle TUI Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten - Verbündete wird es geben, zumindest sind einige Mitaktionäre ebenfalls für eine Zerlegung des Reise- und Schifffahrtkonzerns. Wenn nicht, hat Wyser-Pratte nicht viel investiert und daher auch wenig verloren. Und "es gibt immer Firmen, die schlecht geführt werden", glaubt der umtriebige Finanzinvestor, der damit nicht arbeitslos zu werden droht.
Ebenso gefürchtet wegen seiner rabiaten Methoden wie erfolgreich: Der in Frankreich geborene US-Investor Guy Wyser-Pratte (Bild: Uli Deck/dpa)


Stand: 19.10.2007
     

   
 
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